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Change Management

Warum noch nichts läuft, wenn nur das SAP-System läuft

Heidelberg, Dezember 2012 - (von Gaby Schröter-Jank, TTS GmbH) Unternehmen schaffen flexible IT-Landschaften, um auf rasch wechselnde Marktanforderungen des globalen Wettbewerbs reagieren zu können. Die Herausforderung liegt aber nicht nur auf technischer Ebene: Es geht darum, Mitarbeiter auf dem beständigen Wandel mitzunehmen. Für den Erfolg eines IT-Projektes ist erfolgreiches Change Management einer der kritischen Erfolgsfaktoren.




Warum Veränderungsvorhaben oft scheitern, hat sicher vielfältige Gründe. Ein zentraler Aspekt dürfte aber sein, dass unterschätzt wird, wie tiefgreifend sich technische Änderungen auf Organisation und Mitarbeiter auswirken. Zu wenig beachtet wird auch, dass Führungskräfte - vor allem auch der unteren Ebenen - Veränderungsprozesse aktiv unterstützen können.


Wie ein Change Management Beauftragter in einem SAP Projekt mitwirken kann, Veränderungen zu identifizieren und Führungskräfte in ihrer gestaltenden Rolle zu unterstützen, soll hier am Beispiel einer SAP-Einführung verdeutlicht werden.


Veränderung auf technischer Ebene


Die Projektgruppe hat vom oberen Management den Auftrag, im vorgegebenen Zeit- und Budgetrahmen das SAP-System entsprechend der Erfordernisse des Unternehmens zu implementieren. Altsysteme sollen abgelöst werden, Prozesse und Systemfunktionen sind zu dokumentieren.


An der Aufgabe arbeiten interne und externe IT-Berater. Sie haben sehr gute Kenntnis über das bisherige System, seine Schnittstellen und seine Verankerung in der IT-Landschaft des Unter-nehmens. Sie kennen den funktionalen Umfang des zu implementierenden SAP-Systems. In Abstimmung mit den Geschäftsbereichen passen sie die Geschäftsprozesse an und richten das zukünftige System ein.


Damit dies optimal gelingen kann, wird die Projektarbeit durch Key User aus den Fachabteilungen unterstützt. Sie bringen ihr internes Fachwissen und ihre Kenntnis der bisherigen Arbeitsabläufe und fachlichen Anforderungen in die Projektarbeit ein.


Interne wie externe Berater haben daher vor allem systemtechnische Aspekte im Blick - zum Beispiel: Wie müssen die Stammdaten strukturiert sein? Welche Daten können aus Altsystemen übernommen werden? Welche Reports müssen zur Verfügung gestellt werden? Was wird davon im Standard bereits abgebildet, was muss zusätzlich individuell programmiert werden? Wie sollen die Rollen und Berechtigungen im System definiert werden?


Risiken bei ausschließlicher Betrachtung der technischen Ebene
Dass die IT Auswirkungen hat auf die Menschen, auf ihre Arbeitsprozesse und auf das Beziehungsgefüge, in denen sie ihre Arbeit erbringen, wird von Beratern und Projektfachleuten erst kurz vor dem Go Live Start des Systems gesehen. Das ist verständlich, denn der Projektscheinwerfer war notwendigerweise auf die Aspekte der technischen Umsetzung gerichtet. Wenn das System weitgehend fertig gestellt ist, werden Schulungsinhalte definiert und es wird deutlicher, in welcher Weise Mitarbeiter umlernen müssen. Für begleitende Change Management Maßnahmen ist es dann oft zu spät.


Führungskräfte, die nicht erfahren, welche Wirkungen ein System entfaltet, können ihre Mitarbeiter nicht informieren und vorbereiten. Mitarbeiter, die nicht erfahren, was sich für sie verändern wird, fehlt Orientierung und sie beschäftigen sich mit ihren Befürchtungen. In Gerüchten erzählt man sich von vermuteten Nachteilen des neuen Systems, was unnötig Energie bei allen Beteiligten bindet. Entsprechend richten solche Mitarbeiter ihre Aufmerksamkeit in späteren Systemschulungen aus: Sie gehen vor allem auf Fehlersuche und lernen mit weniger Motivation und Erfolg.


Für den Projekterfolg ist aber ein zentraler Faktor, dass die zukünftigen User nicht nur das System beherrschen, sondern auch die Veränderungen mittragen, die durch die Technik ausgelöst werden. Rechtzeitiges Training der Mitarbeiter in der neuen Anwendung ist notwendig und wichtig - aber nicht hinreichend.


Von zentraler Bedeutung ist, dass Führungskräfte ein gemeinsames Verständnis über die Ziele der SAP-Einführung entwickeln. Sie sollten die Veränderungen einschätzen können und sich für diese engagieren. Dazu brauchen sie detaillierte Kenntnis darüber, was sich in der Folge der Systemeinführung für ihre Mitarbeiter und ihren Bereich verändern wird. Auf dieser Basis können sie ihre Mitarbeiter über die konkret anstehenden Veränderungen, die Ziele und Hintergründe informieren und zur Auseinandersetzung und Mitwirkung einladen. Eventuell notwendige organisatorische Schritte können rechtzeitig unternommen werden. Eine SAP-Einführung wird so auch zur Führungsaufgabe.

Veränderung auf Prozess- und Rollenebene


Den Lagermitarbeiter in der Kommissionierung gab es auch vor der Systemeinführung - aber er hat die Warenentnahme bisher nicht im System zurückgemeldet.


Für bestehende Rollen werden die Aufgabenzuordnungen verändert. Neue Rollen entstehen, z.B. in der Stammdatenpflege. Ob die Rollen und Aufgaben vor und nach der Systemeinführung gleich sind oder wo genau die Unterschiede liegen, diese Informationen sind für Führungskräfte bedeutsam. Für Projektmitarbeiter ist nur der zukünftige Rollenzuschnitt wichtig, aus dem sie die Zugriffsrechte auf das System ableiten.

Veränderung auf Ebene der persönlichen Arbeitsorganisation und der Gewohnheiten


Der Lagermitarbeiter muss zukünftig Wareneingänge selbst und sofort buchen; die Lieferscheine zu sammeln und einmal pro Woche von der Aushilfskraft buchen zu lassen, ist nicht mehr akzeptabel, wenn man mit einem Real-Time-System arbeitet. Der Kommissionierer, der bisher selbst bestimmt hat, in welcher Reihenfolge er die Artikel aufnimmt, bekommt dies jetzt vom System vorgeschrieben - und würde selber mitunter anders vorgehen, wenn er könnte.


Für Mitarbeiter findet der wirklich spürbare Wandel auf der Prozessebene und der Ebene der individuellen Arbeitsorganisation und der Gewohnheiten statt. Manche gewohnten Abläufe und Denkweisen müssen sich ändern, mitunter auch die eingespielte und vertraute Zusammenarbeit mit Kollegen.


Wenn diese Art von Veränderungen nicht gesehen wird und Mitarbeiter sie zunächst als persönliche Verschlechterung erfahren, dann wird Widerstand genährt. "Die IT führt mal wieder ein neues System ein, aber keiner hat eine Ahnung davon, was das für mich bedeutet!", hört man dann eventuell von betroffenen Anwendern.

Change Manager im Projekt


Damit die Auswirkungen der Systemeinführung früher gesehen werden, Führungskräfte den Prozess gut unterstützen können, Mitarbeiter rechtzeitig einbezogen werden und Projekte so zum gewünschten Erfolg führen - dafür lohnt es sich, einen Change Management Beauftragten zu etablieren.


So kann im Projekt "ein zweiter Scheinwerfer" installiert werden, der die Auswirkungen der neuen Systemlösung auf die Menschen ausleuchtet und sie so für Mitarbeiter, Führungskräfte und Projektmitarbeiter früher sichtbar werden lässt. Change Management stellt den Menschen in den Mittelpunkt der Betrachtung.


Change Management im SAP-Projekt hat wichtige Aufgaben. Dazu gehört, für regelmäßige und gesicherte Information und Kommunikation zu sorgen und die system- und prozessbezogene Ausbildung der zukünftigen Anwender sicherzustellen.
Hinsichtlich der Bedeutung der Systemauswirkungen auf die Menschen und der Stärkung der Rolle der Führungskräfte hat ein Change Management Beauftragter aber noch weitere Aufgaben.


Gemeinsames Verständnis des Managements erreichen
In Workshops mit den Führungskräften kann bezüglich der SAP-Einführung ein einheitliches und gemeinsames Verständnis über folgende Punkte entwickelt werden:

  • In welcher Situation befindet sich das Unternehmen heute?
  • Aus welchen Gründen werden Veränderungen (der IT-Systeme) notwendig?
  • Welche Ziele sollen damit erreicht werden und auf welche Weise?
  • Was verändert sich für die Mitarbeiter und was hat Bestand?

Mit der Klärung dieser Fragen wird ein einvernehmliches Verständnis der Führungskräfte erreicht und eine Kommunikationsgrundlage hin zu den Mitarbeitern geschaffen.


Veränderungen identifizieren


Führungskräfte, die ihre Mitarbeiter für Veränderung gewinnen wollen, brauchen Informationen darüber, wie sich das neue oder veränderte System auf und für Einzelne auswirken kann. Dabei ist es nicht notwendig, alle Änderungen im Detail vorausschauend erkennen zu können.


Wichtig ist, mit Auswirkungen zu rechnen und die wesentlichen vorher absehen zu können. Eine Aufgabe des Change Managers ist es, diese Themen mit den Führungskräften gemeinsam zu erarbeiten.

  • Welche Rollen gab es bisher, welche zukünftig?
  • Sind bestehende Rollen zukünftig anders zugeschnitten?
  • Haben dieselben Mitarbeiter diese Rollen?
  • Wo entsteht mehr Arbeit, wo gibt es Entlastung?
  • Wer muss seine Arbeit anders organisieren?
  • In welcher Weise verändert sich die Zusammenarbeit mit anderen Bereichen?

Key User und Führungskräfte können diese Unterschiede identifizieren. Mit den Führungskräften kann anschließend abgeleitet werden, welche Umstellungen auf ihren jeweiligen Bereich zukom-men. Welche Bedenken und Widerstände bei den Mitarbeitern entstehen können, wird dann deutlicher. Daraus lässt sich auch entwickeln, wie Führungskräfte ihre Mitarbeiter konkret unterstützen können.


Change Management ist eine eigene Aufgabe im Projekt und sollte auch so besetzt werden. Zum Beispiel durch Mitarbeiter, die im Unternehmen gut vernetzt sind, bei Führungskräften Anerkennung finden, Erfahrung in Change Management und Projektarbeit haben und möglichst SAP-Kenntnisse und Prozesswissen mitbringen. Ergänzend kann ein externer Change Management Berater einen internen Mitarbeiter coachen und durch Mitarbeit entlasten oder alternativ die Funktion des Change Managements Beauftragten auch ganz übernehmen.

Fazit


Viele IT Projekte, vor allem SAP Einführungsprojekte, verändern mehr als nur die Systemlandschaft. Die Projektgruppe hat Aspekte des Change Managements nicht auf dem eigenen Radar, weil sich ihre Projektarbeit auf technische Fragen konzentrieren muss. Um den Blick zu weiten ist es wichtig, einen Change Management Beauftragten im Projekt frühzeitig zu etablieren. Wichtige Aufgabe ist, die Führungskräfte zu stärken, so dass sie ihre Mitarbeiter im Veränderungsprozess engagiert unterstützen können.