Programmieren als künftige Kulturtechnik?
Berlin, Oktober 2016 - Obwohl die überwältigende Mehrheit der Menschen in Deutschland nahezu täglich Computer und Internet nutzt, verfügen vergleichsweise Wenige über Programmierkenntnisse. "Dabei wäre es wünschenswert, dass die Menschen gerade in diesem Bereich Unabhängigkeit gewinnen und selbstbestimmt für ihre eigenen Belange die passenden Tools und Apps entwickeln", sagt Rebecca Stromeyer, Geschäftsführerin der ICWE GmbH, der Agentur hinter der OEB. Die OEB findet in diesem Jahr vom 30. November bis zum 2. Dezember in Berlin statt.
Die europaweit führende Konferenz für digitale Aus- und Weiterbildung widmet sich in diesem Jahr dem Thema "Owning Learning". Das technologiebasierte Lernen erfährt momentan bedeutsame Veränderungen. Lernende bestimmen selbst, welche Inhalte sie sich wie, wann und wo aneignen wollen. Diese Inbesitznahme umfasst auch das Coding, das Schreiben von Programmen und Apps. Folgerichtig machen sich viele Netz-Aktivisten dafür stark, das Programmieren als Kulturtechnik neben dem Lesen, Schreiben und Rechnen zu etablieren und es nicht den Spezialisten zu überlassen.
Diana Knodel, Rednerin auf der diesjährigen OEB, ist eine der Vielen, die das ändern wollen. Nach ihrer Auffassung sollen Kinder schon in der Schule Programmiererfahrungen sammeln. Deshalb hat die Informatikerin das gemeinnützige Unternehmen App Camps gegründet. Lehrer finden hier geeignetes Lernmaterial, um Projekte oder Arbeitsgemeinschaften zum Programmieren einfacher Apps, HTML- und CSS-Anwendungen anbieten zu können, und Schüler feilen hier beispielsweise in Sommercamps an ihren ersten Apps. "Wir wollen, dass die Schüler Technologien verstehen und lernen, wie sie funktionieren. Anstatt ihnen beizubringen, wie man die fertigen Produkte verwendet, sollten wir ihnen vermitteln, wie man eigene Produkte entwickelt", sagte sie im OEB-Interview.
Auf der OEB leitet Knodel das Tech Lab "App development in the classroom". Er richtet sich an Lehrer der Sekundarstufen I und II sowie an Schulleiter, die Arbeitsgemeinschaften zum Programmieren anbieten wollen. Dabei werden die Teilnehmer selbst eine App für Android-Geräte entwickeln und sich vom Design über die Programmierung bis hin zum Test in den gesamten Entwicklungsprozess von digitalen Anwendungen einarbeiten. Lehrern, die grundsätzliche Zweifel an ihrer Fähigkeit zum Programmieren haben, rät Knodel, sich nicht von gängigen Stereotypen verunsichern zu lassen. Ihren Workshop versteht sie deshalb auch als Hilfe zur Selbsthilfe. "Es gibt da draußen wahre Fundgruben, um sich selbst und den Schülern Programmieren beizubringen."
Die OEB findet vom 30. November bis zum 2. Dezember 2016 in Berlin statt und befasst sich mit verschiedenen branchenspezifischen Themengebieten. Die Business Educa betrachtet die Entwicklungen auf den globalen Märkten und ihre Auswirkungen auf den Arbeitsplatz und die Ausbildungsanforderungen. Bei der Video Educa werden die rasant wachsende Nutzung von Video und anderen Kommunikationsformen reflektiert, und die Future Educa diskutiert kommende Technologien und ihre Effekte.