Digitale Bildung im internationalen Vergleich
Wieso werden neue Medien bislang eher selten im Unterrichtsalltag eingesetzt?
Dr. Heike Schaumburg: Das hat mehrere Gründe. Zunächst hat Deutschland im Vergleich zu vielen anderen Ländern, in denen Computer häufig eingesetzt werden, ein Ausstattungskonzept, das zum Großteil auf Computerräume setzt. Das heißt: Die Computer befinden sich in speziellen Räumen. Länder, in denen es eine höhere Nutzungshäufigkeit gibt – wie zum Beispiel in Dänemark oder Kanada – stellen ihren Schülern Geräte im Klassenraum zur Verfügung oder die Schüler bringen ihre eigenen Geräte in den Unterricht mit. So werden sie häufiger genutzt. Das haben bereits Studien in den 90ern ergeben.
Außerdem bringt das deutlich flexiblere Einsatzmöglichkeiten mit sich. Neben der Ausstattung gibt es aber auch weitere Unterschiede zwischen Deutschland und anderen Staaten: Lehrerinnen und Lehrer sind gegenüber digitalen Medien und ihrem Mehrwert zwar generell positiv eingestellt, aber eben nicht im gleichen Ausmaß, wie die Lehrkräfte in vielen anderen Ländern. Hierzulande sind Lehrkräfte häufig skeptisch. Das resultiert unter anderem daraus, dass digitale Medien weder in der Erstausbildung an der Universität noch bei der Weiterqualifizierung obligatorisch sind und die Lehrkräfte den Einsatz häufig nicht gelernt haben.
Eine Empfehlung, die aus den Ergebnissen der ICILS-Studie hervorgeht, ist, dass Lehrer und Lehrerinnen stärker für Unterrichtsmethoden mit neuen Medien gewonnen werden müssen. Wie soll dies konkret umgesetzt werden?
Dr. Heike Schaumburg: Von der technischen Seite her wäre eine Empfehlung, auf andere Ausstattungskonzepte zu setzen. Es müssten eher "bring your own device-Konzepte" vorangetrieben werden, damit die Ausstattung nicht komplett in der Verantwortung der Schulen liegt. Außerdem müsste mehr in die professionelle technische Wartung schuleigener Geräte investiert werden. Häufig lastet die nämlich auf den Schultern der Lehrkräfte, die dafür eigentlich keine Zeit haben. Die Folge sind unzuverlässige digitale Geräte, beziehungsweise Netzverbindungen.
Natürlich sollten digitale Medien zudem zu einem festen Bestandteil der Aus- und Weiterbildung gemacht werden. Im internationalen Vergleich sind Weiterbildungen in Deutschland weniger stark verpflichtend. Indem man diese aber über offizielle Ordnungen verbindlich vorschreibt, könnte man einen gewissen strukturellen Druck erzeugen. Auch Schulleitungen spielen eine ganz entscheidende Rolle, denn sie müssen die Rahmenbedingungen schaffen. Sie sollten zum Beispiel den Lehrkräften Freiräume gewähren, wenn diese im Bereich der digitalen Bildung etwas Neues ausprobieren möchten.
Welches Land könnte sich die deutsche Bildungspolitik zum Vorbild für eine sinnvolle Nutzung neuer Medien im Unterricht nehmen?
Dr. Heike Schaumburg: Das eine Vorbild gibt es nicht, da die Schulsysteme sehr stark variieren. Deswegen kann man nicht einfach das Modell eines anderen Landes kopieren. Die Verantwortlichen in Deutschland sollten in alle möglichen Richtungen schauen. Beispiele an denen man sich orientieren kann sind England, die Niederlande und Australien.
Auf der didacta 2016 in Köln diskutiert Dr. Heike Schaumburg über die Möglichkeiten digitaler Bildung und die Anforderungen an die Lehrkräfte.
Forum Bildung
"Digitale Bildung in der Schule: Ist sie bereits gescheitert?"
20.02.2016, 10:30 Uhr, Halle 6, E50/F51
Veranstalter: Verband Bildungsmedien e.V.
Weitere Veranstaltungen zum Thema:
Forum Unterrichtspraxis
"Bring your own device (BYOD)"
18.02.2016, 12:00 Uhr, Halle 7, B 50/C 51
Veranstalter: Verband Bildungsmedien e.V.
Forum Bildung
"Schule in der digitalen Welt: Wie wird sich Unterricht verändern?"
18.02.2016, 13:30 Uhr, Halle 6, E50/F51
Veranstalter: Verband Bildungsmedien e.V.