"Wir sollten Führung nicht heroisieren"
"Wir stellen erfolgreiche Führungskräfte gerne an einem Tag auf den Olymp, um sie bei nächster Gelegenheit mit Kritik zu überhäufen und vom Thron zu stürzen", hat Joachim Hoffmann beobachtet. Deshalb plädiert der ehemalige Leiter Personalentwicklung von BMW für mehr Bodenhaftung: "Wir sollten Führung nicht heroisieren." Unternehmen müssten sich darüber klar werden, woran sie Erfolg festmachen: am nachhaltigen Erfolg für Unternehmen und Gesellschaft oder am bonusmaximierenden kurzfristigen Erfolg für die Führungskraft, am langfristigen Entwicklungserfolg der Mitarbeiter oder an der reinen Zielerfüllung von Funktionsinhabern.
Komplexität in der Arbeitswelt begegnen
Eine Herausforderung für Führungskräfte bestehe aktuell darin, den Mitarbeiternachwuchs aus der nachrückenden Generation mit anderen Augen zu sehen. Junge Menschen seien heute anders sozialisiert und brächten neue Werte und Vorstellungen mit in die Betriebe - wie etwa Transparenz oder den verantwortungsvollen Umgang mit dem Thema Nachhaltigkeit. Das präge und verändere auch die Art der gelebten Führung. "Viele Menschen, die derzeit in Führungsfunktionen sind, würden vermutlich mit ihrer aktuellen Einstellung nicht mehr dort hinkommen - es sei denn, sie sehen junge Menschen als Chance und wachsen an ihnen", so Hoffmann.
Auch die Tatsache, dass Menschen in Zeiten von Web 2.0 stärker im Internet mitreden könnten, schaffe neue Voraussetzungen für Führung. Zwar sei die Frage von mehr Entscheidungsfreiheit der Mitarbeiter nicht ganz neu, sie werde aber durch Social Media beschleunigt. Hinzu komme ein weiterer Faktor: "Je mehr sich Mitarbeiter einbringen desto mehr wollen sie von der Führung als Mensch wahrgenommen werden-œ, ist der erfahrende Personaler überzeugt. -žHigh Performer möchten keine Marionetten sein." Doch Führung nutze die Potenziale der Mitarbeiter oft nicht hinreichend und trage ihrem "natürlichen Wollen" nicht genügend Rechnung.
Systemische Sicht statt simple Kausalitäten
Führungskräfte müssten ihre Denkmuster, ihre Lösungsansätze, die Art und Weise, wie sie die Welt und damit auch die Wirkungsweise von Organisationen wahrnehmen, ständig hinterfragen und weiterentwickeln. Das gelte umso mehr für eine fortschreitend komplexe, dynamische und globale Arbeitswelt. "Wir leben nicht in einer mechanistischen Welt!", konstatiert Hoffmann. Führungskräfte seien mehr denn je gefordert, mit einem systemischen Blick an ihre Aufgaben heranzugehen. Doch sie begegneten Herausforderungen noch viel zu oft mit simplen Kausalitäten in Form von Wenn-Dann-Erklärungen, nach dem Motto: "Wenn ich dies entscheide, kommt das heraus". So funktionierten jedoch nur noch Maschinen, aber keine Menschen und Organisationen.
Personaler sollten sich vor diesem Hintergrund nicht nur darauf beschränken, Führungskräfteseminare anzubieten, sondern sich viel stärker damit auseinandersetzen, welche Form der Führung zeitgemäß und richtig sei. Sie müssten wissen, was hinter den einzelnen Führungskonzepten stehe und mit welchem sie in ihrem Unternehmen die größten Effekte erzielen könnten. "Das Thema Führung eignet sich für Personaler, um den eigenen Wertbeitrag zu verdeutlichen", betont Hoffmann. Denn Führung sei der Dreh- und Angelpunkt von Organisationen. "Wenn Personaler mutig sind, können sie in Firmen viel mehr verändern, als sie selbst oft glauben."
Keynote-Vortrag: "Essenz guter Führung"
Auf der Messe PERSONAL2013 Süd leistet Joachim Hoffmann Schützenhilfe in punkto Führungswissen. Er komprimiert verschiedene Ansätze wie transformationale und systemische Führung sowie seine persönliche Erfahrung aus der Berufspraxis in einem Keynote-Vortrag zur "Essenz guter Führung" am Mittwoch, den 24. April 2013, von 14.45 bis 15.30 Uhr, im
Praxisforum 1, Halle 6, Messe Stuttgart.