Personal Austria führte 2.754 Besucher in die Messe Wien
Österreich hat laut Prof. Bartz noch viel Potenzial bei der Einführung innovativer Arbeitsformen: In Skandinavien sei die neue Arbeitswelt bereits Standard, in Großbritannien zu 50 Prozent Realität, in Österreich seien bislang zwischen 12 und 16 Prozent der Arbeitgeber in ihr angekommen.
Bei Sonnenschein wird der Naschmarkt zur Wissensfabrik
Doch was bedeutet der Begriff New World of Work eigentlich? Die wichtigsten Bausteine im Legokasten der neuen Arbeitswelt seien people, place und technology, so der Experte. Statt einer homogenen Belegschaft aus Vollzeitkräften hätten Organisationen heute einen "bunten Partycocktail von Mitarbeitern" in verschiedenen Beschäftigungsformen wie etwa Teilzeit, Jobsharing, Zeitarbeit, Freelance oder Consulting zu steuern.
Die Unternehmen selbst nähmen durch Outsourcing und eine wachsende Verschränkung mit Zulieferbetrieben "osmotische Formen" an. Die Initialzündung zur Transformation gehe häufig vom Umbau der Arbeitsräume aus, erklärte Prof. Bartz. "Das Büro bekommt die Funktion einer sozialen Plattform." Mit Hilfe der mobilen Technik löse sich die Arbeit von Raum und Zeit: "Schön zu beobachten: Bei gutem Wetter verwandelt sich der Nachmarkt in eine der größten Wissensfabriken."
Minimalset an Regeln gewährleistet Produktivität
"Wir sind 2011 in die neue Arbeitswelt umgezogen", erklärte Mag. Sandra Micko, Personalchefin von Microsoft Österreich, in der Podiumsdiskussion der Zeitschrift personal manager. Die Rückmeldungen der Mitarbeiter auf die Neuerungen nach dem Motto "my office is where I am" fielen extrem gut aus. Auch die Führungskräfte, die zunächst einen Kontrollverlust befürchtet hätten, seien inzwischen von der Effizienz der Neuerungen überzeugt. Zur Gewährleistung der Produktivität gebe es ein Minimalset an Regeln. Diese Spielregeln seien nicht etwa geheim, aber schwer auf andere Unternehmen übertragbar, so Micko.
Eingeschränkte face to face Kommunikation
Auch das IT-Unternehmen Ricoh hat sich auf die Reise gemacht. "Das wird vom Arbeitsmarkt an uns herangetragen", erklärte Michael Raberger, CEO von Ricoh Austria & Hungary, der auch Schwierigkeiten benannte: Die Mitarbeiter kritisierten vor allem die eingeschränkte face to face Kommunikation durch die örtliche Distanz. Die größte Herausforderung bestehe also darin, die physischen Kontakte aufrechtzuerhalten. Weitere Risiken sieht Raberger beim Thema Arbeitsmedizin – es seien gesundheitspolitische Lösungen gefragt, um die mobilen Arbeitsformen sicher zu gestalten. Mag. Doris Tomanek sieht vor allem Probleme beim Thema Führung: "Je mehr Flexibilität desto mehr Herausforderung für die Führungskraft."
Überzeugender Return on Investment
"In verteilten Arbeitswelten ist das Führen über Ziele das A und O", erklärte hierzu Forscher Bartz. Es sei allerdings wahnsinnig schwierig, smarte Ziele zu treffen, räumte der Professor für International Business and Export Management der IMC Fachhochschule Krems ein. Das Neue an der Entwicklung bestünde darin, dass alle Unternehmensbereiche mit anpacken müssten – die Personalabteilung genauso wie IT. Die Transformation sei kostspielig und dauere drei bis fünf Jahre, aber am Ende profitierten die Organisationen von geringeren Facility- und Reisekosten, einer höheren Mitarbeiter-Zufriedenheit, niedrigeren Krankenständen und weniger Fluktuation, bilanzierte Bartz.
Kreative Ideen entstehen meistens nicht am Schreibtisch
Nicht zuletzt schafften die Firmen bessere Voraussetzungen für Geistesblitze: "Die meisten kreativen Ideen entstehen nicht am Schreibtisch", gab Sandra Micko zu bedenken. Auch Johannes Kopf, Vorstand des Arbeitsmarktservice Österreich AMS, kommen Eingebungen nicht unbedingt bei der Arbeit: "Ich kann gut nachdenken in der Badewanne", bekannte der Gastgeber des traditionsreichen AMS Expert Talk, der sich in diesem Jahr mit der Innovationsfähigkeit von Unternehmen und ihrer Offenheit für kreative Köpfe à la Einstein befasste.
"Sie brauchen eine Innovationskultur, die diese Menschen nicht nur anlockt, sondern auch hält", betonte der dazu geladene Experte Jens-Uwe Meyer. Ein Genie wie Einstein sei im konventionellen Bewerbungsprozess eher chancenlos, würde im Fall einer Einstellung aber auch sehr bald die Flucht ergreifen. "Kreative Menschen wollen keine Routine, sondern laufen nur bei Herausforderungen zur Hochform auf", erklärte der Geschäftsführer der Ideeologen und Innolytics GmbH.
"Um diese Menschen anzusprechen, sollten Sie einen Ideenwettbewerb ausschreiben", empfahl Meyer. Sein Unternehmen vergebe inzwischen zweiwöchige Praktika mit Challenge, um besondere Talente zu identifizieren. "Kreative stellen im Alltag oft eine Störung da, lassen sich nicht so gut integrieren und sind schwer zu führen", gab Johannes Kopf zu bedenken. Um sie dennoch anzuziehen, benötigten Unternehmen ein Investment, Raum und Zeit und einen Prozess für Veränderungen. In ihrem Unternehmen seien Manager darauf geschult, kreatives Potenzial nicht abzudrehen, sondern zu fördern, erklärte Reinhild Sluga, Recruitment Leader der IBM Austria GmbH. "Wild ducks" dürfe man nicht zähmen, unterstrich sie den Sonderstatus kreativer Menschen in ihrem Haus, das Patentweltmeister in Innovationslabors beschäftige. "Die Konstante bei IBM ist die Veränderung."
Nächster Messetermin am 4. und 5. November 2015
Wovon der Unternehmenserfolg künftig abhängt und was das Personalmanagement dazu beitragen kann, ist erneut Thema am 4. und 5. November 2015 in der Messe Wien. "Wir freuen uns auf die nächste Ausgabe der Personal Austria und Professional Learning Austria, die sich einmal mehr als der österreichischer Treffpunkt für GeschäftsführerInnen und HR-ManagerInnen erwiesen haben", erklärte Projektleiterin Mag. Sabina Hujdurovic.