Andere Zielgruppen erschließen oder "it's all about leads"
Anbieter von attraktiven Inhalten hatten auf der CeBIT 2009 viel Zulauf. Eine große Traube von Besuchern versammelte sich regelmäßig am Stand des Unternehmens Global Emotion. Hier wurde das Programm "Emotionen lesen und verstehen" angeboten, das Geschäftskunden spielerisch dabei unterstützen soll, die Gesichter chinesischer Mitmenschen zu unterscheiden und deren Mimik treffend zu interpretieren.
Dementsprechend zufrieden äußerten sich die Inhaber Ansgar Bittermann und Michael Henning: "Die CeBIT ist für uns sensationell gelaufen. Wir haben sehr viele Gespräche geführt." Beide sind sicher, dass die Universalität ihres Produkts so viele Interessenten überzeugte. Henning prognostiziert: "Es ist völlig sicher, dass Global Emotion auch bei der nächsten CeBIT dabei sein wird." In Planung sind bis dahin zwei weitere Produkte über Indien und den arabischen Kulturraum.
Auch das österreichische Unternehmen Create.at freute sich über regen Besucherverkehr am modernen, weiß-grün gestalteten Stand mit einladenden Sofas. Create.at offeriert so genannte virtuelle Lernwelten, die beispielsweise für Audi als dreidimensionale Lernmanagementsysteme zum Einsatz kommen. Alle Funktionen des LMS sind dabei mit der attraktiven, räumlichen Oberfläche verbunden.
Geschäftsführer Christoph Schmidt-Märtensson hat den Entschluss auf der CeBIT auszustellen noch keine Sekunde bereut: "Schon die LEARNTEC lief für uns großartig und hier setzen wir den Erfolg nun fort. Auf der CeBIT erreichen wir zudem eine völlig andere Zielgruppe - statt Personalleiter sind hier eher IT-Verantwortliche und der Vertrieb anzutreffen."
Dem kann Winfried Stecher, Bereichsleiter eLearning der Reflact AG, nur zustimmen: "Auch wir sind das erste Mal auf der CeBIT und stellen fest, dass wir hier eher Vertriebsleiter und IT-Verantwortliche auf der Suche nach Schulungen begegnen." In der momentanen Krise könnten teils reduzierte Bildungsbudgets der Personalabteilungen durch die Nachfrage des Vertriebs in Bezug auf Trainings zur Kundenakquisition und -bindung aufgefangen werden. Zwar müsste man nach der CeBIT erst einmal die Kontakte auswerten, jedoch glaubt er fest daran, dass die Reflact AG im Jahr 2010 wieder dabei sein wird.
Gut zu tun hatte auch Zone2Connext, bekannt durch das Serious Game "TechForce", das für die Metall- und Elektro-Industrie produziert wurde. Viele Interessenten nahmen die Wartezeiten in Kauf, um eines der neuen Serious Games für die Helios Kliniken oder Vodafone von den drei Mitarbeitern präsentiert zu bekommen. "Wir sind hoch zufrieden mit den Ergebnissen der CeBIT", resümiert PR-Chef Nikolaus K. Pandlowsky.
Das Strategiespiel für die Helios Kliniken soll den Mitarbeitern ermöglichen, den Blick aus dem beschränkten Abteilungsdenken auf das große Ganze zu richten. In bester "SimCity"-Manier bauen sich Anwender dabei ihr Krankenhaus, müssen Personal einsetzen und dafür sorgen, dass alle Mitarbeiter - vom Reinigungspersonal bis zum spezialisierten Arzt - Hand in Hand arbeiten. Auf einer Highscore-Liste können sich Einzelpersonen und Teams miteinander messen.
Etablierte Anbieter zufrieden
Auch die gestandenen eLearning-Unternehmen wie beispielsweise bitmedia, die IMC AG, MIT newmedia, VIWIS oder das italienische Giunti Lab äußerten sich zufrieden mit dem Ausgang der CeBIT. Viele von ihnen hatten schon im letzten Jahr auf der weltgrößten Computermesse ausgestellt und alle wollen im nächsten Jahr wieder dabei sein.
"Die CeBIT hat sich schon deswegen gelohnt, um den Bekanntheitsgrad von Giunti Lab auf dem deutschen Markt zu steigern", so Volker Kunze, Country Manager D/A/CH. Allerdings bemängelt Kunze: "Wir hätten uns über mehr Fachbesucher gefreut."
Hans Gieringer, Geschäftsführer bit media eLearning solution Deutschland GmbH, fand Gefallen daran, Mitte der Woche den schmalen gegen einen dicken Ordner auszutauschen. "Wir haben mehr Kontakte gemacht, als erwartet," sagt er. Ob sich allerdings aus einem Lead auch tatsächlich ein Geschäft generieren lässt, werde sich erst im Laufe des nächsten Jahres zeigen. Das letzte Jahr habe, laut Gieringer, ertragreiche Projekte gebracht, womit sich die Messepräsenz mehr als ausgezahlt habe.
Compliance-Schulungen gehören für die meisten eLearning-Veteranen zum wichtigen Kerngeschäft, deswegen bedauerte Gieringer es sehr, dass die Deutsche Messe AG den für alle Teilnehmer wichtigen Zertifizierungsinstitutionen keinen günstigen Ausstellungsraum bietet und damit die Zertifizierungsinteressenten in den Bereich eLearning & Knowledge zieht. "Zertifizierungen, egal welcher Art, sind doch immer direkt mit Schulungsmaßnahmen verbunden", gibt Gieringer zu bedenken.
Entscheidung vertagt
So rundum zufrieden waren jedoch nicht alle Aussteller. Sünne Eichler, Geschäftsführerin der Online-Akademie WEBACAD, steht der Entscheidung für die CeBIT-Präsenz im nächsten Jahr skeptisch gegenüber. Sie wird die Entscheidung vertagen, bis die Ergebnisse der diesjährigen Teilnahme umfassend ausgewertet sind. Sünne Eichler lobt die vielen qualitativen Kontakte auf der LEARNTEC, der für sie auf der CeBIT eher vage Nachfragen gegenüber stehen.
Ähnlich sieht es Norbert Bromberger, Geschäftsführer der Qualitus GmbH: "Auf der LEARNTEC konnten wir uns vor Nachfragen kaum retten, hier läuft alles etwas schleppender. Die Kontakte sind qualitativ lange nicht so hochwertig." Gefreut hat er sich allerdings über das kostenlose Marketing während des eLearning-Tages, bei dem viele öffentliche Verwaltungen in Niedersachsen offenbarten, dass sie die Lernplattform ILIAS einsetzen.
Start-up-Area abgekoppelt
Die Positionierung der Start-up-Area empfanden einige Aussteller als nicht besonders glücklich gelöst. Durch die großen Gemeinschaftsstände Niedersachsen und Russland waren sie abgekoppelt vom eLearning & Knowledge Forum. Doch dieser Nachteil wurde kompensiert durch die sensationell günstigen Standpreise, die zu 80 Prozent vom Bundeswirtschaftsministerium gesponsert wurden.
Unverständlich allerdings, dass etablierte Unternehmen wie VIWIS, das nun ins elfte Jahr seines Bestehens geht oder Creos, das dieser Tage sein Zehnjähriges feiert und Netucate, die bereits seit fünf Jahren existieren, bei den Start-ups ihren Platz fanden.
Als echter Start-up äußerte sich Karl Berger, Managing Director Core Competence, sehr erfreut über die Ergebnisse der Messe. Für die Kunden Nokia, Siemens und Microsoft hat Core Competence bereits eine Reihe von Adventure-based-Learning-Anwendungen entwickelt. Zurzeit bietet das Unternehmen vor allem Trainings zu Unternehmenskultur und -prinzipien an. Ab Mitte des Jahres sollen Adventure Games für die Optimierung des Vertriebs, zum Umgang mit dem Information-Overload, zum Projektmanagement und zur Diebstahlsprävention im Einzelhandel folgen.
Neue Ideen sind gefragt
Dass die CeBIT anderen Regeln folgt als eine Fachmesse wie die LEARNTEC wurde so manchem Aussteller im Angesicht teils verwaister Stände schmerzhaft klar. Ein wenig mehr Kreativität und Einfallsreichtum in der Standgestaltung würde vielen eLearning-Ausstellern gut zu Gesicht stehen. Eine positive Ausnahme bildete diesbezüglich das österreichische Unternehmen Create.at, deren mit einfachen Mitteln auffallend gestalteter Stand die Besucher zum Verweilen einlud. Kreative Standgestaltung lässt eben auch kreative Inhalte vermuten.
Als Publikumsmagnet erwies sich das Forum, das mit seinen vielen interessanten Vorträgen ausnahmslos gut besucht war. Die angrenzende Lounge wurde von den Ausstellern intensiv für Gespräche, kleine Verschnaufpausen und als Kontakthof genutzt. Allerdings wurde der große Gemeinschaftsstand der Niedersachsen im direkten Umfeld der Aussteller als störend, weil thematisch unpassend empfunden. Der Gemeinschaftsstand begrenzte das Forum auf einer Seite und durchschnitt damit die Einheit des eLearning & Knowledge-Bereichs.
Da in der Halle 6 eine ganze Reihe unterschiedlicher Bereiche wie Webciety, Open Source, Jobmarket, Marketing Solutions etc. Platz fanden, wünschten sich die Aussteller eine farbliche Kennzeichnung, also ein Farbleitsystem, das den Bereich der eLearning & Knowledge Solutions klar erkennbar begrenzt.
Der Appell richtet sich also an die Projektleitung der eLearning & Knowledge Solution Area im nächsten Jahr den Fachbesuchern über ein solches Farbleitsystem die Orientierung in der relativ unübersichtlichen Halle zu erleichtern.