Lernen mit Bildern und Emotionen | CHECK.point eLearning
Hirnforschung angewendet

Lernen mit Bildern und Emotionen

Karlsruhe, Februar 2011 - (von Kirsten Seegmüller) Wer lernen will oder muss, möchte das mit so wenig Zeit- und Energieaufwand wie möglich bewältigen. Und das Gelernte sollte auch langfristig abrufbar sein. Das stellt hohe Ansprüche an das Weiterbildungskonzept. "Unser Gehirn ist der beste Computer der Welt", sagt Motivations- und Gedächtnistrainer Marco Freiherr von Münchhausen, "aber leider haben wir keine Bedienungsanleitung mitbekommen." Da wir Informationen in unseren grauen Zellen nicht einfach ablegen können wie in einem Windows-Ordner, brauchen wir bestimmte Strategien, wie sich Wissen verankern kann.




Der Arbeitsspeicher - das Kurzzeitgedächtnis - saugt Informationen auf wie ein Schwamm, doch die Daten werden schnell wieder gelöscht. Der Weg auf die Festplatte - also ins Langzeitgedächtnis - ist deutlich schwieriger. "Es gibt zwei direkte Wege ins Langzeitgedächtnis: Schmerz und Interesse", erklärt Münchhausen: Wer sich am Ofen verbrennt, braucht diese Erfahrung nur einmal, und was mit den Hobbys zu tun hat, merkt man sich bis ins letzte Detail. Da aber Business English oder die Grundlagen der BWL weder überlebenswichtig noch besonders spannend sind, tun sich die Schulungsteilnehmer schwer, sich diese Inhalte zu merken.


Allerdings kann man sich die Gesetze des Gehirns zunutze machen: "Besonders leicht lernen Menschen über Assoziationen", sagt Professor Dr. Christian E. Elger, Hirnforscher und Direktor der Klinik für Epileptologie an der Uni Bonn. Das können Witze, Eselsbrücken oder ungewöhnliche Textzusammenhänge sein. "Je länger das Gehirn mit der Verarbeitung beschäftigt ist, desto größer ist der Lernerfolg", so Elger. Auch Visualisierung ist eine hervorragende Methode: "Bilder wirken 10- bis 100-mal so stark wie Worte oder Zahlen, und sie werden auch 10- bis 100-mal schneller verarbeitet", erklärt Münchhausen.


Situationen mit hohem emotionalen Gehalt prägen sich automatisch ein: "Fast jeder weiß, wo er am Nachmittag des 11. September 2001 war", so Elger. Extreme Situationen sind jedoch äußerst selten und in einem Seminarraum nicht künstlich herstellbar. Die Alternative: "Man kann das Belohnungssystem aktivieren, das alle Säugetiere besitzen", rät Elger, "bereits ein kleines Täfelchen Schokolade auf dem Tisch erhöht nachweislich die Lernleistung." Wer mit Freude lernt, prägt sich die Inhalte besser ein: "Der Spaßfaktor ist enorm wichtig", bestätigt Münchhausen. Daher sind Serious Games so beliebt und - wenn sie gut gemacht sind - auch sehr wirksam.


Vom Turbo-Lernen durch Schnelllesen hält Elger nichts: "Das Gehirn kann nur eine begrenzte Anzahl von Signalen pro Sekunde verarbeiten." Auch Lernen im Schlaf - etwa der nächtliche Vokabeltrainer als Audio-Datei - sei nicht möglich: "Wir lernen ausschließlich im Wachzustand", betont Elger. Ganz ohne Schlaf geht es allerdings nicht: "Das Gedächtnis wird im Schlaf konsolidiert", erläutert Elger, "dazu reicht sogar ein Kurzschlaf von 15 Minuten."

Lerninhalte müssen altersgerecht sein


Ältere Mitarbeiter können und wollen nicht mehr lernen - so lautet das gängige Klischee. In der Tat liegt der Höhepunkt des Lernverhaltens im 30. Lebensjahr, danach nimmt es stetig ab: "Ein 60-Jähriger besitzt die Lernfähigkeit eines 14-jährigen Mädchens, ein 65-Jähriger die eines 10-jährigen Jungens", so Elger. Das klingt niederschmetternd, aber "das Gehirn ist ungeheuer plastisch und ist ein Leben lang bildbar", ermutigt Elger die Generation 50plus, "es kommt nur darauf an, wie man es anspricht." Die ältere Generation hat einen entscheidenden Vorteil: "Während die Jüngeren neue Informationen erst einmal abspeichern müssen, geht es bei den Älteren darum, einen Kontext herzustellen und das vorhandene Wissen strategisch mit dem neuen zu vernetzen", so Elger.


Im Jahr 2030 wird rund ein Drittel aller Deutschen über 65 Jahre alt sein, das bedeutet: Auch der Altersdurchschnitt von Belegschaften steigt. Da die Unternehmen auf erfahrene Mitarbeiter nicht verzichten können, müssen sich die Lernkonzepte anpassen. Ein Hochschulabsolvent von 25 oder 30 Jahren kann sich Business English vielleicht besser in einem Online-Kurs aneignen und sich in einem virtuellen Klassenzimmer mit anderen Seminarteilnehmern austauschen. Elger rät: "Wer mit 50 oder 60 eine neue Sprache lernen will, für den eignet sich eher ein Sprachlabor."