Mit einem Datenblatt vom Kindergarten bis zum Diplom
Mehr als ein Rechenspiel
Im Kern geht es beim Campus-Management darum, in einem zentralen System den Überblick über alle universitären Daten zu haben, etwa die Stammdaten aller Lerner wie Name, Geschlecht, Wohnort, aber auch Fächerkombinationen, Prüfungsergebnisse oder Raumbelegungen. Nach einem strengen
Berechtigungssystem wird festgelegt, wer welche Daten einsehen oder hinzufügen darf.
Allein die Pflege der Personenstammdaten hat die Hochschulen über Jahre hunderte von Stunden Zeit gekostet. Ein Beispiel: Im Herbst 2007 werden sich in Deutschland über 200 000 Erstsemester immatrikulieren. Ohne modernes Campus-Management müssten die Sekretariate 200 000 neue Datensätze händisch in
das System aufnehmen. Wenn jeder Stammdatensatz fünf Minuten Zeit kostet, dauert das bei 1000 Erstsemestern schon über 80 Stunden.
Mit der Umstellung auf ein modernes Campus-Management haben die Universitäten diese Arbeit vielfach an die Studierenden abgegeben, die ihre Stammdaten per Login und Passwort selbst eingeben. "Noch einfacher könnte die Datenpflege laufen, wenn die Hochschulen die Daten der Studienanfänger von der vorherigen Bildungseinrichtung, also den Schulen, übernehmen und direkt in ihr System einspeisen könnten", erklärt Haussner.
"Natürlich hat Datensicherheit dabei höchste Priorität. Denkbar wäre, dass der Lerner per Mausklick einzelne Datenblöcke zur Weitergabe freigibt."
Bern als Modellprojekt
Das Datenwandern will Crealogix jetzt im Kanton Bern in die Wege leiten. Dort wird die hauseigene Lösung Evento voraussichtlich bis Ende 2009 nahezu flächendeckend in 44 Volksschulen und Gymnasien laufen. An 13 Schulen mit insgesamt 25 000 Schülern ist die Software bereits im Einsatz. Schon heute wäre es damit technisch möglich, dass ein Schulabgänger einer Berner Volksschule seinen Evento-Datensatz an ein Berner Gymnasium oder eine Berufsschule mitnimmt.
Gleiches gilt für Abiturienten, die an eine Hochschule wechseln, die mit Evento arbeitet, wie zum Beispiel die FH
Nordwestschweiz in Olten.
Dort belegt Bernhard Blank gerade den Nachdiplomstudiengang Master of Advanced Studies in Non-Profit-Management. Gleichzeitig ist er Prorektor und Evento-Verantwortlicher am Berner Gymnasium Köniz-Lerbermatt. Blank ist von der Evento-Idee aus Anwender- wie aus Verwaltungssicht angetan: "An unserem Gymnasium würden wir viel Zeit sparen, wenn wir die Stammdaten der Schüler nicht mehr händisch aufnehmen müssten. Gleichzeitig hätte ich es als Student toll gefunden, einen fertigen Anwender-Datensatz nach Olten mitzunehmen."
Mit den ersten Anwendungen dieser Art rechnet Haussner ab 2008. Denkt man die Idee weiter, könnte man auch Grundschulen oder Kindergärten in den Kreislauf einbeziehen. So würde aus dem Student-Lifecycle ein kompletter Learner-Lifecycle, auch wenn das noch einige Jahrzehnte dauern dürfte, wie Haussner betont.
Ein Ansatz - offen für alle Anbieter
Was im Evento-Kanton Bern möglich ist, kann mittelfristig auch funktionieren, ohne flächendeckend dieselbe Software im Einsatz zu haben. SOA heißt hier der Schlüsselbegriff: "Service-Orientierte-
Architektur". Die meisten modernen Management-Systeme sind nach diesem Prinzip aufgebaut und verfügen über verschiedene Standard-Schnittstellen, über die die Daten aus anderen Systemen in das eigene System übernommen werden können. Dieser Philosophie hat sich auch Evento verschrieben.
Die Schweizer arbeiten mit Nachdruck daran, die Anschlussfähigkeit an andere Systeme weiter auszubauen, in der Regel über die Anbindung webbasierter Dienste. "Wir wollen, dass Münchener Abiturienten auch dann ihren Datensatz mit an die Technische Universität Hamburg Harburg, die Evento einsetzt, nehmen können, wenn ihr Heimat-Gymnasium auf ein konkurrierendes Management-System setzt", erklärt Haussner. "Das sehen wir nicht als Gefahr, sondern als Chance für ein modernes Bildungsmanagement."