Unternehmensweite Compliance-Schulungs-Strategie
Ob diese Schulungsmaßnahmen nun von einer in Kürze anstehenden Prüfung, von schlechter PR oder durch den internen Weiterbildungsbedarf angestoßen wurden - die Erfüllung der regulatorischen Anforderungen kann überaus schwierig und kostspielig sein.
Zum einen stößt das Durchsetzen von Vorschriften häufig auf unerwartete Widerstände. Zum anderen können die Aufwendungen, um den Aus- und Weiterbildungsbedarf der Mitarbeiter abzudecken und die Ergebnisse der Schulungen korrekt zu dokumentieren, bei manchen Organisationen jährlich sieben- bis achtstellige Summen erreichen.
Wie bei allen manuellen Vorgehensweisen besteht hier außerdem die Gefahr von Fehlern oder Lücken. Und schließlich müssen Unternehmen bei Sichtung der laufenden Schulungsmaßnahmen nicht selten entdecken, dass ihre Schulungsmaßnahmen voller Redundanzen stecken, die man bei besserer Planung hätte vermeiden können.
Wie lassen sich bei den notwendigen Schulungsmaßnahmen sowohl die Kosten reduzieren als auch das Risiko verringern, den geltenden Richtlinien und Regeln womöglich nicht zu erfüllen? Im Folgenden zehn Schritte, wie man eine Strategie für unternehmensweite Compliance-Schulungen entwickeln kann und worauf dabei zu achten ist.
1. Führen Sie eine unternehmensweite Bestandsaufnahme aller regulatorischen Anforderungen, die Ihre Organisation betreffen, durch und identifizieren Sie den daraus resultierenden Aus- und Weiterbildungsbedarf.
Sie werden feststellen, dass in den verschiedensten Bereichen Ihres Unternehmens Schulungsbedarf besteht, und dass sich vor allem die einzelnen Fachabteilungen um die Erfüllung der Regeln und Vorschriften kümmern müssen. Richten Sie eine Arbeitsgruppe ein um herauszufinden, wo sich redundante Abläufe und Aktivitäten finden. Unterstützung finden Sie dabei häufig bei den Mitarbeitern der Personal- oder Rechtsabteilung, aber auch bei den Compliance-Verantwortlichen.
2. Identifizieren Sie Ihre Standard Operating Procedures (SOPs).
Die internen Aus- und Weiterbildungsanforderungen können ganz andere sein als die zur Erfüllung der gesetzlichen Vorschriften. Vom Standpunkt eines Schulungsverantwortlichen aus gesehen sind sich jedoch beide oft sehr ähnlich. Denn in beiden Fällen braucht man Zuweisungen, Ankündigungen, Anmeldungen, Eignungsprüfungen, Vorbereitungen und Ergebnisprotokolle. Diese Abläufe lassen sich weitgehend systematisieren, schematisieren und aufzeichnen. Dadurch kann man Zeit und Geld sparen.
3. Entwickeln Sie Prozess-Modellierungen.
Die "Entschlüsselung" der verschiedenen Vorgänge und Prozesse sowie der Weiterbildungsbedarfs in der gesamten Organisation hat drei große Vorteile: Erstens macht sie deutlich, in welchen Bereichen es zu Redundanzen kommt und wo Verbesserungen möglich sind. Zweitens zeigt sie die manuellen Schritte auf, die bei jedem dieser Vorgänge anfallen, zum Beispiel bei Ankündigungen und Kursanmeldungen per eMail. Und drittens lassen sich mit Prozess-Modellierungen die Schwachstellen oder sogar Risikobereiche in bisher praktizierten Compliance-Management aufdecken.
4. Errechnen Sie den finanziellen Aufwand für Compliance-Schulungen.
Sobald Sie die Prozesse entschlüsselt und einen Überblick über Redundanzen oder ineffektive Vorgänge haben, lässt sich in etwa errechnen, wieviel Zeit die Planung und Organisation der Schulungen und das Reporting verschlingt und wieviel Geld dafür ausgegeben wird. Mit diesen Informationen haben Sie ein überzeugendes Argument für eine Zentralisierung dieser Funktionen zur Hand. Durch den Einsatz eines Lern-Management-Systems - also einer Plattform, mit der man die Schulungsaktivitäten planen, realisieren und beurteilen kann - lassen sich die notwendigen Prozesse rationalisieren, die administrativen Aufgaben automatisieren und die Risiken, dass bestimmte Vorschriften nicht eingehalten werden, deutlich reduzieren.
5. Gewinnen Sie Ihr Management.
Eine Initiative für unternehmensweite Aus- und Weiterbildung braucht die Unterstützung des Managements. Sicher gehören Schulungsthemen nicht zu den primären Interessen des Vorstandsvorsitzenden. Aber beim Geschäftsführer finden Sie - gerade mit dem Thema gesetzliche Vorschriften - voraussichtlich ein offenes Ohr.
Stellen Sie zunächst dar, wie diese Initiative die Gesamtkosten für alle Compliance-relevanten Aktivitäten reduzieren kann. Heben Sie dann das Risiko von Verstößen gegen die Vorschriften hervor: Eventuelle Geldbußen können Organisationen hart treffen und dem guten Image eines Unternehmens schaden. Begründen Sie schließlich die betriebswirtschaftlichen Vorteile: Stellen Sie dar, in welchen Bereichen die notwendigen Schulungen die Leistungsfähigkeit der Belegschaft nachweislich verbessert.
6. Ermitteln Sie interne und externe Vorgaben im Voraus.
Ein Großteil des notwendigen Aufwandes im Zusammenhang mit Compliance besteht aus Schulungsnachweisen und ihrer Dokumentation in einer möglichst repräsentativen Form. Sparen Sie sich selbst Zeit und Arbeit, indem Sie die bestehenden Vorgaben im Voraus ermitteln und während des weiteren Vorgehens genau einhalten.
7. Führen Sie keine unflexiblen Maßnahmen und Systeme ein.
Regulatorische Anforderungen und Gesetze können sich ändern. Auch Unternehmen verändern sich, zum Beispiel bei Zusammenschlüssen. Und nicht zuletzt kann es dazu kommen, dass Standard Operating Procedures (SOPs) reorganisiert werden. Nichts ist frustrierender, als Zeit und Arbeit in eine unternehmensweite Strategie zu investieren, die noch vor ihrer Umsetzung schon wieder überholt ist. Stellen Sie deshalb sicher, dass Ihre Prozesse und Systeme flexibel genug sind, mit diesen Veränderungen Schritt zu halten.
8. Sorgen Sie für flexible Reporting-Funktionen.
Die üblichen Reporting-Anforderungen sollte man natürlich vorab kennen. Dazu können aber auch Ad-hoc-Reports kommen - und die berühmten Ausnahmen. Stellen Sie sicher, dass Ihre Prozesse und Ihr Lern-Management-System es den Schulungs- und Compliance-Verantwortlichen erlauben, jederzeit problemlos auf alle benötigten Daten zuzugreifen und Reports auch zu spezifischen Interessensbereichen zu erstellen.
9. Ziehen Sie auch Blended-Learning-Strategien in Betracht.
Computer-based Training (CBT), das mit Hilfe eines LMS verfolgt und verwaltet wird, kann die Schulungskosten für Compliance-Trainings erheblich reduzieren. Mit eLearning lassen sich die Anforderungern zahlreicher regulatorischer Institutionen - etwa Basel II und AGG - erfüllen. Der vernünftigste Ansatz ist hier zumeist Blended Learning. Denn in manchen Bereichen wie z.B. der Maschinen- oder Geräte-Schulung sind On-the-job-Trainings oder auch herkömmliche Präsenzveranstaltungen (Instructor-led Training, ILT) sicher sinnvoller als Online-Schulungen. In vielen Branchen werden Sie deshalb mehrere Optionen verfolgen müssen, um dieselben Anforderungen zu erfüllen. Das Ganze ist letztlich eine Frage des Abwägens zwischen dem nötigen Zeitaufwand und den individuellen Lernpräferenzen.
10. Zeichnen Sie Ihre Vorgehensweisen auf und bessern Sie nach.
Die Anforderungen an Aus- und Weiterbildung sowohl seitens des Gesetzgebers als auch von Seiten der internen SOPs sind Veränderungen unterworfen. Stellen Sie sicher, dass die Schulungsverantwortlichen einen engen Kontakt zu den Abteilungen und Compliance-Verantwortlichen halten. So sind sie bei notwendigen Veränderungen immer auf Stand und können die angebotenen Schulungen stets verbessern.
Die meisten Unternehmen haben haben gar keine Wahl: Sie müssen die notwendigen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen durchführen. Erste Priorität dabei hat deshalb, diese so kosteneffektiv wie möglich zur Verfügung zu stellen. Eine Strategie für unternehmensweite Schulungen, die in der oben beschriebenen Form realisiert wird, ermöglicht es ihnen, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren.