Die Welt der Personalarbeit wird bunter | CHECK.point eLearning
PERSONAL Süd

Die Welt der Personalarbeit wird bunter

Stuttgart, April 2013 - Die Anzeichen sprechen für ein erfolgreiches Jahr am HR-Markt: 4.903 Besucher kamen zur Messe PERSONAL 2013 Süd nach Stuttgart, wo sie sich über die neusten Trends in den Schwerpunkten Softwareunterstützung, Recruiting und betriebliche Weiterbildung informierten. Auch die parallel laufende Corporate Health Convention nutzten mehr Fachleute denn je für ein Update: 2.417 Besucher verschafften sich gezielt einen Überblick über das Thema Betriebliches Gesundheitsmanagement und Demografie.

Hohe Wechselbereitschaft belebt den Markt

Traditionell steht auf der süddeutschen Personal-Plattform die Softwareunterstützung für Personalressorts besonders im Fokus. Gerade dieser Ausstellungsbereich ist laut Alexander Petsch enorm in Bewegung: Eine druckfrische Studie des HRM Research Institutes belege, dass eine große Wechselbereitschaft in den Unternehmen bestehe. "Im vergangenen Jahr wollten 9 Prozent der Firmen eine neue Software für ihre Personal-Prozesse einführen, nun sind es mit 22 Prozent deutlich mehr", so Petsch.

Einen möglichen Grund dafür nannte Dr. Rupert Felder, Leiter Global Human Resources der Heidelberger Druckmaschinen AG, in der Konferenz: "Die Welt der IT-Branche wird immer bunter – und damit auch die IT in den Personalabteilungen." Neben der grundlegenden Aufgaben wie Entgeltabrechnung und Zeiterfassung sei viel Raum entstanden für schnellere, kleine Applikationen, die modernen Wahrnehmungswelten eher entsprächen als Print-Formulare, die mit großem Aufwand in Datenbanken übertragen werden müssten. Entscheidend sei allerdings, dass diese Anwendungen das Arbeiten tatsächlich leichter machten.

Neue Software – Arbeitserleichterung oder Schmuck am Nachthemd?

Viele Mitarbeiterportale und Intranets verfehlten heute dieses Ziel. "Das sind Friedhöfe an Informationen, die keiner mehr nutzt", so Felder. Software müsse in der Lage sein, Geschäftsprozesse zu modellieren, indem Beschäftige Antworten auf ihre Fragen fänden – und zwar jeweils in der gewünschten inhaltlichen Tiefe. Mitarbeiter und Führungskräfte hätten heute eine hohe Erwartungshaltung an die Technik, insbesondere weil sie immer häufiger über Self Service und mobile Anwendungen die Eigenverantwortung für ihre Daten übernähmen.

Einen Mehrwert für Manager böten beispielsweise Simulationen der Betriebszusammensetzung. Wie sieht die Belegschaft in 6, 12 oder 18 Monaten aus? Wie werden sich in unterschiedlichen Szenarien das Alter, das Wissen, das Entgelt oder die Jobprofile der Beschäftigten verändern? Führungskräfte könnten mit Simulationssoftware Varianten erzeugen, Ergebnisse vergleichen und so verschiedene Szenarien durchspielen. "Die Technik muss so attraktiv sein, dass ein Pull- und kein Push-Effekt entsteht: Führungskräfte und Mitarbeiter müssen danach gieren, im Driverseat zu sitzen", betonte Felder.

Stressreport: Arbeitnehmer fühlen sich überlastet

Doch eine derartige Sogwirkung hat auch ihre Schattenseiten. "Neue Technologien verändern die Arbeitswelt und die Taktfrequenz der Beschäftigten", gab André Große-Jäger, Referatsleiter aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) zu bedenken. Der kürzlich veröffentlichte "Stressreport Deutschland 2012", für den 20.000 Beschäftigte befragt wurden, belege: 58 Prozent der Arbeitnehmer fühlten sich vor allem durch den Zwang zum Multitasking überlastet. "Ständige Erreichbarkeit, permanenter Informationsfluss und Entgrenzung von Arbeit und Freizeit sind die Kehrseiten moderner Technik", so Große-Jäger.

Dieser Herausforderungen müssten sich die Unternehmen stellen. "Personaler spielen dabei eine entscheidende Rolle: Sie können auf die Führungskräfte einwirken, so dass diese den Druck nicht weiter geben, sondern entlastend wirken", so der Referatsleiter. Entscheidend sei auch die Stärke der Unternehmenskultur, die vom oberen Management geprägt werde. Für starre Regeln kann sich André Große-Jäger jedoch nicht begeistern. Es sei viel besser, in einzelnen Bereichen ein Agreement, beispielsweise zum Thema Erreichbarkeit, zu erzielen. Schließlich biete die Technik auch eine hohe Flexibilität, um Beruf und Familie besser miteinander zu vereinbaren.

Keine Notwendigkeit zur Antistress-Verordnung

Einer gesetzlichen Antistress-Verordnung, wie sie mehrere Länder im Bundesrat einbringen möchten, räumt der Vertreter des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales derzeit kaum Chancen ein. Denn eine solche Verordnung erhöhe lediglich die Komplexität, was Arbeitsrechtlern und Schiedsstellen-Experten, aber nicht den Beschäftigten entgegenkäme. "Im Moment sieht unser Haus keine Notwendigkeit, eine Antistress-Verordnung zu erlassen", erklärte Große-Jäger. Um die vorhandene Umsetzungslücke zu schließen, könnten Unternehmen auf die praxisorientierten Handlungshilfen der INQA zurückgreifen.

Frauenquote ade: Flexible Zielvorgaben angesagt

Auch beim Thema Frauen in Führungspositionen sind die Personalverantwortlichen gefragt. Mit dem Aus für eine Frauenquote in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen ist die Debatte neu entbrannt – in den Betrieben und bei einer Podiumsdiskussion der Zeitschrift Arbeit und Arbeitsrecht: Eine unternehmensinterne Frauenquote sei arbeitsrechtlich schwierig, hob Dr. Christian Arnold von Gleiss Lutz Stuttgart hervor. "Laut AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) sollte man gerade nicht nach Geschlechtern differenzieren", so der Rechtanwalt. Deshalb könnten nur flexible Zielvereinbarungen funktionieren, die Ausnahmen zuließen.

Die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck setzt vor allem beim Thema Familienfreundlichkeit an. "Wir haben sinnvolle Arbeitszeit- und Präsenzmodelle und eine betriebseigene Kita", so Diana Baumhauer, Leiterin Personal der Holding. Wichtig sei die Vorbildfunktion im oberen Management. "Wenn wir in einem Bereich keine Frauen finden, spricht Herr von Holtzbrinck direkt mit den Verantwortlichen." Zudem müsse die Aufgabe, den Anteil der Frauen in Führungspositionen zu steigern, in den Zielvereinbarungen stehen. "Wir schreiben auf die Shortlist für jede Top-Position eine Frau", ergänzte Claudia Köpnick, Vice President Corporate Department Labour Law and Industrial Relations bei Robert Bosch.

Empfehlungskultur neu beleben

Besonders gut besucht waren die Foren und Aussteller, die Strategien gegen den Fachkräftemangel zum Thema machten. Dr. Sascha W. Krause, Industry Manager von Google Germany, skizzierte in einem Vortrag das Suchverhalten der Internetnutzer nach neuen Jobs: "Die Suche über Smartphones und Tablets wird für die Sucher zur Alltäglichkeit", so Krause. Die Jobsucher erwarteten deshalb mobile Karriereseiten oder Apps, da sie bei ihrem Suchverhalten nicht nach Endgerät unterschieden.

Bewerberportale auf der eigenen Website sind wichtig, reichen aber nach Meinung der Experten nicht mehr aus, um begehrte Fachkräfte zu gewinnen. "High Potentials geben ihre Daten nicht jedes Mal neu in Bewerberportale ein und laden ihren gesamten Lebenslauf und Zeugnisse hoch", hat Dr. Rupert Felder von der Heidelberger Druckmaschinen AG beobachtet. Er plädiert deshalb dafür, die Kultur der Empfehlung wiederzubeleben. "Wir nutzen den Mitarbeitertag auch dazu, um Kindern und Verwandten der Beschäftigten, Praktikumsplätze und Diplomarbeitsplätze näherzubringen", so der Personalleiter. Einige Anbieter auf der Messe unterstützen Unternehmen zudem beim Beziehungsmanagement in sozialen Netzwerken. Die Firma Bonago aus dem Hause Burda etwa hat eine Software-Lösung entwickelt, mit der Mitarbeiter aktuelle Stellenanzeigen über ihre sozialen Netzwerke verbreiten können.

Rolle von Personalern: Von Prozesseigner zum Berater

Im Zuge solcher Entwicklungen wandelt sich das Berufsbild der Personaler. "Das Personalwesen hat nicht mehr die alleinige Herrschaft über die Daten, sondern ist Moderator und Gestalter von Leitplanken", glaubt Dr. Rupert Felder. Die Führungskräfte und Mitarbeiter übernähmen viele Prozesse – auch mithilfe moderner IT-Lösungen. Es komme darauf an, dass Personaler Hilfestellung anböten und die Belegschaft befähigten, mit neuen Tools zielführend umzugehen. Felder rät HR-Managern zudem zu einer Partnerschaft mit IT: "Der CIO und der CPO sollten Blut- und Nervenbahn des Unternehmens sein und gemeinsam agieren."

Auch die Themenpalette der Personaler hat sich verändert. "Vor zehn Jahren war das Betriebliche Gesundheitsmanagement beim Arbeitsschutz und Betriebsrat verankert oder sehr dezentral in einem Unternehmen aufgestellt", erklärt Messemacher Alexander Petsch. "Jetzt beobachten wir, dass das Thema mit seiner zunehmenden strategischen Bedeutung im Zuge des demografischen Wandels mehr und mehr in den Personalabteilungen landet." Die Verzahnung der Messen PERSONAL2013 Süd und Corporate Health Convention bilde diese Entwicklung ab.

Ausblick auf den Personaler-Gipfel im Jahr 2014

Da sich die Kombination der beiden Messen bewährt hat, finden sie auch im kommenden Jahr wieder parallel statt: vom 29. bis 30. April 2014, ebenfalls in den Hallen 6 und 8 der Messe Stuttgart. Allerdings werden die Ausstellungsbereiche neu verteilt: Das Thema Weiterbildung belegt gemeinsam mit der Corporate Health Convention die Halle 8.