Spielend für den Beruf lernen
Montag Morgen in einem mittelständischen Unternehmen: An der Werkbank steht Maria Möller, Julia Schmid-Konrad bedient die Bohrmaschine, Edward Stuart und Hans Koch die Schweißroboter und John Servant arbeitet an der Stanzmaschine. Der Umsatz der Firma liegt etwas über einer Million Euro pro Jahr, die Auftragslage ist gut, das Team gut eingespielt, es gibt kaum Probleme im Betrieb.
Plötzlich fällt eine Maschine aus. Der Produktionsplan muss komplett umgestellt werden. Aber reicht dafür das Personal? Und beherrschen die Facharbeiter die Ersatzmaschinen? Bei learn2work - dem "Spiel der Arbeit" - geht es zu wie in einer richtigen Fabrik: Maschinenauslastung und Produktion werden optimiert, Mitarbeiter zur Schulung geschickt, neue Stellen ausgeschrieben. Und jederzeit zeigt der Klick auf Finanzmenu und Statistik, wie die Finanzen aussehen.
Mit spielbasiertem Lernen für den Beruf will das junge Unternehmen KORION, ein Spin-Off aus dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart, eine Marktnische im eLearning-Bereich besetzen. "Für Kinder nutzt man diese Methode mit Erfolg, aber in weiterführenden Schulen oder in der Ausbildung geriet der Ansatz in Vergessenheit", sagt Geschäftsführer Oliver Korn. "Doch auch Erwachsene leben gerne ihren Spieltrieb aus, vor allem, wenn sie dabei beruflich profitieren."
"learn2work" ist eine komplexe Unternehmenssimulation, bei der sich Realitätsnähe und Spielreiz ideal verbinden. Neben technischen Aspekten wie der Optimierung von Maschinenauslastung oder Rüstzeiten spielen auch soziale Faktoren wie Mitarbeitermotivation eine wichtige Rolle. Mit den Bilanzen vor Augen zeigt sich schnell, wer in der Unternehmensführung die Nase vorn hat.
Die Simulation gibt es in verschiedenen Versionen für Bildungseinrichtungen und Unternehmen. In "learn2work pro2fit" lässt sich die reale Situation eines Unternehmens in der Simulation abbilden - von den Produkten über die Maschinen bis hin zur Werkshalle. An der Anpassung sind auch die Experten vom Fraunhofer IAO beteiligt. "Diese Version ist für mittelständische und große Unternehmen gedacht, die Wert darauf legen, dass ihre Mitarbeiter möglichst praxisnah geschult werden.
Die Weiterbildung erfolgt Schritt für Schritt, denn die Module wie Personal oder Finanzen lassen sich separat frei schalten. So sei "learn2work" auch sehr gut mit klassischem Lernen kombinierbar, erläutert Korn die Vorteile. "Außerdem werden auf Wunsch im Rahmen eines Train-the-Trainer-Konzepts einzelne Mitarbeiter im Umgang mit der Software geschult. So können sie nicht nur die Schwierigkeit und Realitätsnähe lernerspezifisch anpassen, sondern auch eigene Lernszenarien erstellen."
Damit sind die Firmen autark und brauchen keine Außenunterstützung mehr. Ein Vorteil aller Varianten liegt darin, dass Auszubildende auf attraktive Weise fachübergreifendes, praxisrelevantes Wissen erwerben können. So können sie zunächst in den einzelnen Modulen Erfahrungen sammeln und kostenneutral Anfängerfehler machen, bevor sie schrittweise berufliche Verantwortung übernehmen.
Die spielerische Ausbildung kommt an. Auszubildende der Firma Hainbuch, in der "learn2work" eingesetzt wird, nahmen an einer Evaluation der Lernsoftware durch das Fraunhofer IAO teil. Die Testpersonen hatten mittlere Fähigkeiten im Umgang mit Computern und verbringen nach eigenen Angaben mehr als zwei Stunden pro Woche für Spiele. Sie zeigten sich begeistert vom hohen Spielcharakter der Simulation. Die Inhalte schätzten sie als zur Arbeitssituation passend ein, den Lernerfolg z.B. in der Produktionsplanung oder beim Verständnis der Zusammenhänge im Unternehmen empfanden sie als mittel bis hoch.
"learn2work" wird sich auch in Zukunft intensiv weiterentwickeln. "Wir haben ein erstes Stück auf dem Weg hin zur komplexen Unternehmenssimulation geschafft", meint Korn. "Weitere Module sind bereits geplant. So etwa eines zur Abgabe von Angeboten und eines zum Thema Arbeitsschutz."