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Projekt ProWis

Wissensmanagement für KMU

Berlin, Juni 2008 - Kleinen und mittleren Unternehmen die Einführung von Wissensmanagement zu vereinfachen, ist ausgemachtes Ziel des Verbundprojekts "ProWis - Prozessorientiertes und -integriertes Wissensmanagement in KMU". Ina Finke, Leiterin des Competence Centers Wissensmanagement am Fraunhofer IPK, erläutert die Methode, die das IIPK gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut IFF entwickelt hat.




Worum geht es beim ProWis-Projekt?


Ina Finke: Durch die wachsende Globalisierung sehen sich kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zunehmend gefordert, innovative Produkte immer schneller, flexibler und kostengünstiger anzubieten. Um diesem enormen Innovations- und Kostendruck standhalten zu können, müssen alle vorhandenen Ressourcen effektiv und effizient genutzt werden.

Die Methode der Fraunhofer Institute soll Unternehmen bei der Herausforderung unterstützen, ohne große Investitionen mehr Wissen über Kunden aufzubauen und innovativer zu werden. KMU müssen Erkenntnisse aus der Fertigung bereits frühzeitig in der Produktentwicklung berücksichtigen und wichtige Erfahrungen sichern, um künftig Doppelarbeiten zu vermeiden.

Das Methoden-Set zur Einführung von prozessorientiertem und -integriertem Wissensmanagement wurde zunächst im engen Dialog mit den drei Erstanwendern Klöckner Desma Schuhmaschinen GmbH, LTi Drives GmbH und PM Automotive GmbH an die Anforderungen von kleinen und mittelständischen Unternehmen angepasst. Die Erfahrungen und Rückmeldungen der Anwender flossen dann in die Weiterentwicklung der Methoden und Hilfsmittel ein. So wurde sichergestellt, dass die Lösungen dem Mittelstand tatsächlich einen Mehrwert bringen.

Im Jahr 2007 führten dann weitere zwölf Unternehmen in Eigenregie Wissensmanagement in ihrem Unternehmen ein. Das Fraunhofer Institut unterstützte diese Unternehmen nur noch punktuell in der Analysephase und mit thematischen Netzwerktreffen. Bei den Netzwerktreffen wurden verschiedene Lösungsansätze wie z.B. Wikis, Lessons Learned, Motivation der Mitarbeiter und Wissensstrukturierung vermittelt. Das Prinzip "Hilfe zur Selbsthilfe" konnte durch die Phase der selbstständigen Anwendung weiter untermauert werden.

Bitte erklären Sie das Methoden- und Werkzeugset.


Ina Finke: Das Angebot im ProWis-Shop, einem Webportal, dient Projektverantwortlichen für Wissensmanagement, sich optimal vorzubereiten. Zur einfachen Orientierung gibt es ein Vorgehensmodell, das sich an den Phasen des klassischen Projektmanagements anlehnt (Initialisierung, Analyse, Ziele und Lösungskonzept, Einführungsplan, Umsetzung und Bewertung). Die verschiedenen Phasen werden mit entsprechenden Methoden und Hilfsmitteln unterstützt, die seit Anfang 2008 bereitgestellt und sukzessive ausgebaut werden.

In den Unternehmen kamen für die Analyse eine Mitarbeiterbefragung (WM-Audit) sowie die Methode zum geschäftsprozessorientierten Wissensmanagement zum Einsatz. Letztere erlaubt im Rahmen von Gruppeninterviews und unter Einsatz einfacher Bewertungsformulare, den Umgang mit einem Wissensgebiet im Geschäftsprozess zu bewerten und Maßnahmen abzuleiten. Die Bewertung eines Wissensgebietes dauert nur 90 Minuten und kann von den Verantwortlichen selbstständig durchgeführt werden.

Empfehlungen für geeignete Maßnahmen nach der Analyse werden durch einen effektiven Filtermechanismus unterstützt:

Es können Lösungen

  • nach zu unterstützenden Kernaktivitäten im Umgang mit Wissen, dem Ergebnis der prozessorientierten Methode, gefiltert werden (Wissen erzeugen, speichern, verteilen, anwenden),
  • nach zu gestaltenden Rahmenbedingungen (Führung, Kultur, Personal, Technik usw.) und
  • nach praxisrelevanten Fragestellungen (z.B. Sicherung von Wissen von ausscheidenden Mitarbeitern) ausgewählt werden.

Die Lösungen sind jeweils durch anschauliche Unternehmensbeispiele untersetzt, um die Inhalte leichter an den eigenen Unternehmenskontext anpassen zu können. Zur motivationalen Gestaltung des Einführungsprozesses werden Kommunikationsinstrumente empfohlen.

Welche Erfahrungen haben Sie bisher gemacht?


Ina Finke: Im Rahmen des Projektes haben wir alle sehr viel voneinander gelernt. Zu Anfang stand die Auseinandersetzung mit dem abstrakten Gegenstand, dem Wissen selbst. Für die Verantwortlichen war es wichtig, ein Verständnis zu entwickeln und vor allem zu überlegen, wie die Übersetzung in die Praxis, in das eigene Unternehmen aussehen könnte.

Die Beschreibung von Wissensgebieten hat vielen Unternehmen bei der Konkretisierung geholfen. Statt global vom Umgang mit Wissen zu sprechen, wurde konkret beispielsweise über das Wissen über Kunden oder das Methodenwissen diskutiert. Unter derartigen Begriffen können sich auch Praktiker etwas vorstellen und sich wiederfinden.

Die Unternehmen - und zwar unabhängig von der Branche - hatten sehr ähnliche Anliegen:

  • Wie kann ich Dokumente und im Unternehmen vorhandene Erfahrungen schnell finden?
  • Wie kann ich den Austausch bezogen auf relevantes Wissen zwischen den Mitarbeitern gezielt fördern?
  • Was bringen mir die neuen Technologien wie Wikis oder Suchmaschinen?
  • Wie überzeuge ich meine Mitarbeiter, sich für einen systematischeren Umgang mit Wissen im Unternehmen zu engagieren?

In Bezug auf die Führung haben sich zwei grundlegende Erkenntnisse herauskristallisiert:

  1. Prioritäten setzen und auch nach verfolgen:

    Die oberste Führungskraft (hier in der Regel die Geschäftsführung) muss von Beginn an bis zum Ende des Vorhabens signalisieren, dass die Aktivitäten gewollt sind und eine gewisse Priorität gegenüber dem Tagesgeschäft einnehmen.
  2. Nutzen kommunizieren:

    Die persönliche Erkenntnis "Das hat mir etwas gebracht" bewegt Mitarbeiter dazu, ihr Verhalten anzupassen und zu verändern. Es ist wichtig, in Bezug auf den Umgang mit Wissen diese Erkenntnis zu fördern.

Prozessintegriertes Wissensmanagement ist selbst für große Unternehmen noch immer eine Herausforderung, wie sollen KMU diese Aufgabe bewältigen?


Ina Finke: KMU sind hinsichtlich ihrer Prozesse und Prozessbeschreibungen sowie der schnellen Umsetzung sehr flexibel. Die Wissensperspektive ermöglicht eine neue Sichtweise auf Prozesse und hilft Verbesserungspotenziale zu erkennen.

In der Regel decken die Unternehmen keine vollkommen neuen Punkte auf, aber ihre Bedeutsamkeit und ihre Zusammenhängen werden jetzt verstanden. Oftmals hapert es in KMU lediglich daran, solche Erkenntnisse auch konsequent umzusetzen. Das Tagesgeschäft verzögert die Optimierung interner Prozesse immer wieder. Prozessintegration bedeutet letzten Endes, neue Aktivitäten in Prozessen einzufordern - auch das ist eine Führungsaufgabe.