Alte Meister am Bildschirm studieren
Berlin, Oktober 2008 - (von Bettina Deininger) Das Kunsthistorische Institut der Freien Universität (FU) Berlin ist bundesweit das einzige, in dessen curricularem Lehrplan seit drei Jahren eLearning verbindlich vorgesehen ist. Jeweils rund 120 Studienanfänger absolvieren das Lernprogramm "Kunst und Funktion". Die Anbindung an die zentrale FU-Lernplattform Blackboard und Präsenz-Tutorien sind Teil des Blended Learning-Konzepts der Universität.
"Das Internet ist prädestiniert für das Studium der Kunstgeschichte: Wir können viele Bilder benutzen, Details ansehen, Begriffe im Bild erklären", erläutert die wissenschaftliche Mitarbeiterin Karin Kranhold. Zusammen mit drei weiteren Kolleginnen entwickelte sie unter der Leitung von Prof. Dr. Werner Busch das Lernprogramm "Kunst und Funktion". Die Umsetzung erfolgte im Rahmen des eLearning-Großprojekts "Schule des Sehens", das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde.
Der Mehrwert des Mediums im Vergleich zum gedruckten Buch und der didaktische Nutzen, nicht ein Selbstzweck standen im Mittelpunkt der Überlegungen zur Entwicklung. "Die Visualisierung von Zusammenhängen wollten wir mit möglichst effektiven eLearning-Anwendungen vereinbaren", ergänzt Dr. Maximilian Benker, der das Projekt koordinierte. Wichtig war auch, dass kein Studierender durch zu hohe Anforderungen an Hardware, Übertragungskapazitäten oder komplizierte Handhabung ausgeschlossen würde.
Seit 2005 wird das Programm als Einführung in die Kunstgeschichte im Bachelor-Studiengang an der FU Berlin eingesetzt. Über zwei Semester erstrecken sich 30 Lektionen à 50 bis 80 Webseiten mit Einleitung, Zusammenfassung, Lerneinheit und Fragen zur Lernkontrolle. Die rund 4000 Bilder werden von verlinkten Texten begleitet, die auf das "Funkkolleg Kunst" von 1984 zurückgehen. Aus Anlass der Online-Neukonzeption aktualisierten alle 30 Experten ihre Texte. Die ursprünglich lineare Struktur wurde beibehalten im Sinne eines geführten Kurses.
Alle Bilder lassen sich in zwei Schritten vergrößern. Bei bildschirmgroßen Abbildungen erfolgt die Inhaltsvermittlung via Audiofile, damit sich der Betrachter ganz auf das Sehen konzentrieren kann. Die Frage der Bildrechte gehört zu den Gründen, weshalb das Lernprogramm nur in einem geschlossenen Bereich zu benutzen ist. Hierzu haben die Studierenden der TU Berlin sowie die Partner-Universitäten des Projekts "Schule des Sehens" Zugang: München, Marburg, Hamburg, Dresden sowie die TU Berlin und die Universitäten Jena und Frankfurt.
Grund für die eLearning-Offensive am Kunsthistorischen Institut war die Einführung des Bachelor-Studiengangs. "'Kunst und Funktion' ist zwar nicht vollständig, bildet aber die Kunstgeschichte exemplarisch von A bis Z ab", erklärt Dr. Benker. "Die Studierenden kommen gut damit zurecht, und für die Dozenten bedeutet es eine große Entlastung."
"Im Präsenz-Tutorium können die Studierenden jede Woche ihre noch offenen Fragen stellen", präzisiert Karin Kranhold den Blended-Learning-Ansatz: "Gerade für Studienanfänger sind persönliche Kontakte im Seminar wichtig. Außerdem gehen wir nach wie vor in Museen, um Bilder und Skulpturen gemeinsam anzusehen."
Höhere Semester, die den Kurs schon absolviert haben, vermitteln ihre Erfahrungen als Tutoren. Zentrale Sitzungen sowie die schriftliche Abschluss-Klausur liegen in der Hand der Dozenten. Da das Lernprogramm ein inhaltlich geschlossenes System ist, verwenden sie die zentrale Plattform Blackboard, um weiteres Lernmaterial und Literaturlisten zu versenden und Termine zu kommunizieren.
Ein zweites Lernprogramm vermittelt Kenntnisse zur "Burgundischen Buchkunst von den Valois bis zu den Habsburgern". Ein dritter Kurs "Grundzüge der Ostasiatischen Kunstgeschichte" ist in Vorbereitung. Zudem fördert und begleitet das Center für Digitale Systeme (CeDiS) der FU Berlin insgesamt 15 weitere Lernprogramme am Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften.