Lernen heißt: Informationen ins Gedächtnis einprägen
Welche Art von "Connections" meinen Sie - technische oder soziale?
Jeannette Schmid: Obwohl auch technische und soziale Connections beim Lernen eine Rolle spielen, liegt mein Fokus auf geistigen Connections, also Verbindungen. Viele neue Konzepte wie zum Beispiel das Abstimmen der Präsentation von Informationen auf den Lernstil oder das Verschmelzen von sozialen Umgebungen und Bildungsumgebungen durch das Einbeziehen sozialer Medien, versuchen die Lernmotivation zu erhöhen und Lernbarrieren zu reduzieren. Die Aufmerksamkeit der Lernenden zu erlangen und Inhalte zu verstehen helfen, ist ein wichtiger Schritt, aber es ist nur eine Voraussetzung für das Lernen.
Lernen heißt Informationen ins Gedächtnis einzuprägen. Diese Informationen sollten korrekt sein und die Lernenden sollten sie zur rechten Zeit abrufen können. Das Gedächtnis lebt von mentalen Verbindungen zwischen den Wissenselementen. Je mehr Verbindungen ein Lernender zu einer bestimmten Information hat und je stärkeren diese Verbindungen sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass gerade diese Information abgerufen werden kann.
Welche Auswirkungen haben diese "Connections" auf die Arbeit im Unterricht oder auf das Lernen und auf Lehrformen im allgemeinen?
Jeannette Schmid: Verbindungen werden durch Wiederholung gestärkt und die Herausforderung für den Lehrenden besteht darin, Wiederholung zu erzeugen ohne den Lernenden zu langweilen. Dies kann durch Arbeiten mit unterschiedlichen Beispielen und durch Einbindung des Lernenden in verschiedene Aktivitäten erreicht werden: Zuhören, Diskussion, Bewertungen, Tests, Lesen, usw. Das bedeutet, dass weniger Inhalt in einer vorgegebenen Zeit gelehrt werden kann, was verschiedene Konsequenzen hat. Der Lehrende muss sich auf das Wesentliche und die Struktur konzentrieren .
Den Lernenden müssen die Mittel für selbstgesteuertes Lernen gegeben werden, aber sie sollten nicht sich selbst überlassen werden. Klare Standards und Aufgaben, bewertende Rückmeldungen und Transparenz in Bezug auf den Lernplan sind notwendig. Sie erhöhen die intrinsische Motivation und bieten einen besseren Einblick in individuelle Lernprozesse.
Können Sie uns ein konkretes Beispiel für Ihre Hypothese geben?
Jeannette Schmid: Ich kann ein Beispiel dafür geben, wie Lehre sein könnte, wenn man den Schwerpunkt auf Verbindungen legt. Wenn Sie im Unterricht den Düsenantrieb durchnehmen, sind Sie nicht auf Raketen und Flugzeuge zur Illustration beschränkt. Sie könnten die Lernenden bitten, sich an den Geruch und den Geschmack, als sie das letzte Mal Tintenfisch aßen, zu erinnern. Dann könnten Sie einen Film zeigen, wie Tintenfische sich durchs Wasser bewegen, und dabei darauf hinweisen, dass sie ein lebendes Düsentriebwerk gegessen haben. Sie könnten ebenso Science-Fiction Fans damit herausfordern, zu erklären wie sie glauben, ein Space Shuttle würde sich durch die Atmosphäre eines fremden Planeten bewegen.
Hier könnten Sie die Lernenden, die Auswirkungen der verschiedenen hypothetischen Atmosphären, mit einem kurzen Test schätzen lassen: Sie könnten ein düsengetriebenes Badewannenspielzeug zum Unterricht mitbringen und die Lernenden auffordern, technische Verbesserungen vorzuschlagen, um dessen Geschwindigkeit und Wendigkeit zu erhöhen und sie dann über ihre verschiedenen Entwürfe diskutieren lassen. Anhand des ursprünglichen Spielzeugs, könnten Sie sie einer/m hypothetischen Schwester oder Bruder die Funktionsweise des Düsenantriebs erklären lassen und zwar in einfachster Sprache, jedoch ohne prinzipielle Fehler. All diese Aktivitäten schaffen und stärken mannigfaltige Verbindungen.