eAssessment: Mehr Qualität und Gerechtigkeit
Welche Relevanz haben eAssessments im deutschen Hochschulwesen?
Yvonne Winkelmann: Die Bedeutung und auch das Interesse wachsen. In verschiedenen Fachbereichen, wie der Medizin sind eAssessments schon seit Jahren verbreitet. Viele deutsche Hochschulen haben, auch durch die Bologna-Reformen verstärkt, die Potentiale erkannt. An Vorreiter-Hochschulen, wie der Uni Bremen, FU Berlin oder der MH Hannover sind elektronische Verfahren bereits etabliert.
Die von uns betreuten Hochschulen in Sachsen, sowie die Universitäten Frankfurt und Hamburg erproben aktuell die Möglichkeiten. Das Interesse ist groß.
Was hält Hochschulen - noch - davon ab, auf eAssessments zu setzen?
Yvonne Winkelmann: eAssessments bedürfen einem Umdenken im Prüfungsworkflow und, um die Vorteile einer automatischen Auswertung zu nutzen, auch in der Prüfungsdidaktik. An erster Stelle steht weniger die Frage nach dem einzusetzenden System, als nach dem Drumherum. Zum Beispiel ist eine wesentliche Voraussetzung, die Änderung der Prüfungsordnung.
Es werden ausreichend große oder genügend freistehende Computer-Pools benötigt, um Studenten auf elektronischem Weg zu prüfen. Neben der Software ist auch die Hardware entscheidend. Während der Prüfung, muss geschultes Betreuungspersonal zur Verfügung stehen. Fragen müssen umgearbeitet werden, damit von den Mehrwerten, beispielsweise einer elektronischen Auswertung, profitiert werden kann. Falls Prüfungen wegen der Kapazitäten oder der hohen Anzahl der Studierenden auf mehrere Durchläufe oder Tage verteilt werden, müssen die Fragen unterschiedlich, aber vom Schwierigkeitsgrad vergleichbar sein.
Eine Menge Hürden, oder..?
Yvonne Winkelmann: Aber die Anwender profitieren auch. Zum Beispiel durch Effizienzsteigerungen, weil die Auswertung automatisch erfolgt. Ein großer Vorteil ist zudem, dass mit der ONYX Testsuite Aufgaben aus jedem denkbaren Format importiert beziehungsweise konvertiert werden können. Das fördert die Vernetzung der Hochschulen untereinander. Sie können Aufgaben in einem ItemPool ablegen und austauschen. Dies spart Arbeit, bereichert das Spektrum und fördert die Nachnutzung von bereits vorhandenen Inhalten.
Bestehende Assessment-Inhalte in proprietären Formaten lassen sich mit dem ONYX Konverter in das standardisierte, internationale Zielformat IMS QTI 2.1 überführen. Tests und Aufgaben aus Lernmanagementsystemen wie etwa Blackboard oder WebCT lassen sich mühelos in anderen Systemen, zum Beispiel OLAT oder Moodle, weiterverwenden.
Woraus besteht eigentlich die ONYX Testsuite? Ist dies eine komplett eigene Entwicklung der Bildungsportal Sachsen GmbH?
Yvonne Winkelmann: ONYX ist ein eigenes Produkt, auch wenn wir für spezielle Anforderungen externe, bereits etablierte Technologien integriert haben, zum Beispiel den Safe Exam Browser. Während der Studierende eine Prüfung bearbeitet verhindert die Anwendung den Zugriff auf andere Inhalte, Webseiten oder Windowsfunktionen.
Die ONYX Testsuite besteht aus dem Editor, mit dem Tests erstellt und Inhalte verwaltet werden. Mit dem ONYX Player wird der Test bereitgestellt und automatisch ausgewertet. Der Reporter ermöglicht dem Tutor und Studierenden, die Testergebnisse einzusehen, manuell nach zu bewerten und statistisch auszuwerten.
Wie kommen Dozierende mit dem System klar?
Yvonne Winkelmann: Unsere Erfahrungen sind sehr positiv. In vielen Hochschulen sind wir auch beratend tätig und können so direkt auf Bedürfnisse eingehen. Wichtig ist für uns, dass der Nutzer die Testsuite anwenden kann, ohne das Gefühl zu haben, sich in ein neues Produkt einarbeiten zu müssen. Er loggt sich in die Lernplattform ein und legt dort einen neuen Baustein -žTest-œ an. Das ist einfach und erfordert keine Umgewöhnung.
Was ist der nächste Schritt?
Yvonne Winkelmann: Aktuell arbeiten wir an der Umstellung des Editors, so dass er als Webanwendung genutzt werden kann. Dies ermöglicht einen einfachen Zugriff und zudem, auch die Testerstellung in die Lernplattform zu integrieren. Daran angeschlossen ist das Ziel zum Aufbau eines hochschulübergreifenden Aufgabenpools und den Austausch von Inhalten anzuregen.
Im Dialog mit dem Anwender ergeben sich natürlich konkrete Anforderungen: Neue Aufgabentypen oder auch spezielle Importe, beispielweise von Word-Daten. Bedarf besteht aber auch an Schulungen oder Beratungen zum Thema eAssessment im Allgemeinen.
Das heißt, die Möglichkeiten von eAssessment sind längst noch nicht ausgereizt?
Yvonne Winkelmann: eAssessment bietet neben der Effizienzsteigerung das Potenzial zur Qualitätsverbesserung. Elektronisch können einzelne Testaufgaben einfach verwaltet und Lerninhalten oder konkreten Lernzielen zugeordnet werden. Die anonymisierte Auswertung von Ergebnisdaten ermöglicht einen Rückschluss auf die Qualität der Aufgaben. Und qualitative Inhalte können innerhalb eines Fachbereichs ausgetauscht werden. eAssessment beginnt interessant zu werden, ist aber noch nicht etabliert und ausgeschöpft.